Liebe Freunde!

Es sind schon wieder ein paar Monate vergangen, seit die Waisenkinder aus dem Heim in Zenica auch heuer wieder bei uns in Wien waren, diesmal 18 Kinder und Jugendliche - eine ganz schöne Herausforderung! Für sie ist es ein ganz besonderes Ereignis, einmal aus Zenica herauszukommen, und bei den Auserwählten dabei zusein bedeutet sehr viel.

Husso, ein 18jähriger aus dem Heim, der schon letztes Jahr hier war, sollte heuer wegen seiner sehr schlechten Leistungen in der Schule nicht dabei sein - so entschied die Direktorin des Heims. Hass, Wut und Aggression waren seine Reaktion darauf. Don Prokop, der gerade in Bosnien war, konnte nach einem Gespräch mit ihm beten, für Husso das erste Mal, dass auch er laut ein Gebet sprach. Beide wussten nicht, dass ich in der Zwischenzeit von Wien aus mit der Direktorin Kontakt aufgenommen hatte um ihr zu sagen, dass ich auf jeden Fall wieder all die Kinder, die schon im letzten Jahr hier waren, einladen möchte. Uns geht es ja um die Beziehungen und nicht darum, so vielen Kindern wie möglich eine schöne Zeit in Wien zu bieten. So erlebte Husso eine Gebetserhörung - er kam nach Wien! Es war schön, durch diese kleine Begebenheit Gottes Hand in den Vorbereitungen zu erkennen.

10 Familien und 1 Single haben sich bereit erklärt, ihre Türen und Herzen für diese Kinder zu öffnen. Es war sehr ermutigend, die Liebe, die sie für diese Waisen hatten, zu sehen! Ich glaube, auch die Kinder konnten die Wertschätzung spüren, die ihnen von den Gastgebern entgegengebracht wurde - ich war jedenfalls überwältigt.

Wir sind Gott sehr dankbar, dass alles gut gegangen ist, dass keine Unfälle passiert sind, niemand verlorengegangen ist usw. Das ist allein Seine Gnade, denn ich habe mich oft überfordert gefühlt! Leider konnten ich und Elisabeth wegen des großen organisatorischen Aufwandes gar nicht viel Zeit mit unseren Gastkindern verbringen, so ist es auch Felix und Mathilde gegangen, die sich sehr engagierten. Ohne sie wäre das alles gar nicht gegangen! Wir hatten ja viel Programm vorgesehen, mussten uns um den Transport kümmern, die Tage im Freizeitheim in Pernitz vorbereiten usw. Es ist schade, dass dadurch bei uns die Qualität in den Beziehungen zu kurz gekommen ist. Aber so lernt man eben dazu.

Wie ist es mit Dragana weitergegangen? Sie war letztes Jahr unter den 10 Kindern, die uns im Sommer besuchten. Für sie war ja die Zeit im Heim vorbei, nur wusste sie überhaupt nicht, wohin sie gehen sollte. Im Frühling war sie dann 3 Monate in Wien, sie hat hier gelernt, mit dem Computer zu arbeiten und besuchte auch Kurse fürs Büro. Jetzt ist sie in unserem neugegründeten Verein Most Nove Nade in Zenica angestellt! Sie hat eine eigene Wohnung und arbeitet im Büro. Es geht ihr gut, bitte betet aber weiterhin für sie, dass sie ihr Leben wirklich auf Jesus Christus baut. Ein anderes Fundament taugt nichts!

 

Wozu brauchen wir den Verein Most Nove Nade in Zenica? Durch Don Prokops Kontakte in den USA haben wir in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt, dem Sozialamt und 2 christlichen Gemeinden der Stadt eine freie medizinische Klinik eröffnen können! Es gibt sehr viele Menschen in Bosnien, die bei einer Arbeitslosenrate von fast 80 % unter dem Existenzminimum leben und auch keine Sozialversicherung haben. Diese Menschen haben Zugang zu dieser Klinik, ein Ambulatorium, wo sie medizinische Behandlung, auch Zahnbehandlung, in Anspruch nehmen können. 1024 Menschen, darunter 500 Frauen, zum Teil ledige Mütter, 225 Kinder und 200 ältere Menschen sind für die kostenlose Behandlung registriert. Eine großartige Möglichkeit, den Armen zu dienen.

Offenbarung 3,8: „Ich weiß deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine geöffnete Tür gegeben, die niemand schließen kann; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet”

Matthäus 10, 26-28: „So fürchtet euch nun nicht vor ihnen! Denn es ist nichts verdeckt, das nicht aufgedeckt werden wird, und nichts verborgen, das man nicht erfahren wird. Was ich euch im Finstern sage, das redet am Licht, und was ihr ins Ohr höret, das prediget auf den Dächern. Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen, fürchtet vielmehr den, welcher Seele und Leib verderben kann in der Hölle.”

Dies sagte uns Gott während einer Gebetszeit in Zenica. Die Klinik ist eine geöffnete Tür, wir bekommen so Kontakt zu den Arzten der Stadt, zu Ämtern und Behörden, zum Bürgermeister, aber auch zu den Armen. Wozu? Um das Wort Gottes weiterzugeben, um zu predigen! Daraus entstand dann in mir die Idee, die Armen Zenicas zu Hause zu besuchen, Lebensmittel mitzubringen und mit ihnen zu reden. Im beiliegenden Folder steht noch mehr zu diesem Hausbesuchsprojekt. Jeder kann sich daran beteiligen. Möchte jemand einmal nach Bosnien mitfahren? Es ist nicht so schlimm, wie sich das manche vielleicht vorstellen. Man lebt ziemlich sicher, die Kriegsschäden sind zwar noch sichtbar, aber hie und da sieht man auch etwas vom Wiederaufbau, von einer neuen Hoffnung.

 

 

Samir Aljic
Nach meiner letzten Reise im September war ich total ermutigt. Die Klinik ist eröffnet, Dragana empfing uns herzlich im Büro, Gott gab mir eine neue Vision für die Armen, und auch Samir, über den ich schon oft im Rundbrief erzählte, schien es recht gut zu gehen. Er schien stabiler in seinem Glaubensleben und in seinen Gefühlen geworden zu sein. Er wollte eine Bibelschule in Mostar besuchen und sich taufen lassen. Außerdem wollten wir auch ihn in unserem Verein anstellen, er war ja die ganze Zeit ohne Arbeit.

Höhen und Tiefen liegen oft sehr nahe beieinander. Nur ein paar Wochen nach meiner Rückkehr nach Wien erhielten wir eine erschütternde Nachricht. Samir hat Selbstmord begangen! Wir waren vollkommen fassungslos! Wie konnte das geschehen? Gott, warum??

Natürlich erinnern wir uns, dass er schon als Jugendlicher unter Depressionen litt und auch schon früher Selbstmordabsichten hatte. Aber jetzt als Christ? Wir verstehen es nicht, was wird in ihm vorgegangen sein? Für mich ist das ein tragischer Verlust. Ein junger Mensch, 26 Jahre alt, der mit Gott eine gute Zukunft vor sich hatte; es ist sehr schade um ihn. Ich bin aber gewiss, dass er ewiges Leben bei Gott hat. Er hat Jesus Christus als Erlöser in sein Leben aufgenommen, Vergebung der Sünden erfahren und seine Hoffnung ganz auf Ihn gesetzt. Nichts kann uns trennen von der Liebe Christi, weder Tod noch Leben. Tod, wo ist dein Stachel? Totenreich, wo ist dein Sieg? Der Tod ist verschlungen in Sieg!

Gott testet in dieser Situation mein Fundament. Worauf stehe ich, was ist der Grund meines Dienstes in Bosnien? Nach dieser Erschütterung weiß ich aber: ja, ich will weitermachen. Auch wenn es nicht immer angenehm und lustig ist. Es bedeutet auch Kampf, wenn es darum geht, das Reich Gottes zu bauen. Interessanterweise sind etwa zur gleichen Zeit wie Samirs Tod andere eigenartige Dinge in Zenica passiert, und erst vor ein paar Tagen wurde der Pastor der Baptistengemeinde mit 2 Mitarbeitern zusammengeschlagen, von moslemischen Männern, die gegen die Ausbreitung des Evangeliums kämpfen. Unser Kampf richtet sich aber nicht gegen Menschen, das wissen wir.